Zur Arbeitszeit in Spitälern

von | 16.05.2021 | STANDESPOLITIK

Wie lange sollen im Spital Beschäftigte arbeiten dürfen?

 

2015/16 war diese Frage heiß diskutiert. Eine tatsächliche Neuerung mit neuen Arbeitszeitmodellen ist seither in Wien nicht gelungen. Die Frage, wie ärztliche Tätigkeit, die physische und psychische Stabilität für eine hinreichende Konzentration erfordert, organisiert sein soll, bleibt nur fragmentarisch beantwortet.

Lange galt, dass längere Arbeitszeiten es erlauben, die klinische Versorgung mit weniger Personal zu gewährleisten. Zudem kann durch reduzierte Arbeitsteilung im Klinikalltag zusätzlicher Informationsaustausch mit daraus folgenden Fehlerquellen entfallen. Auch das persönliche Vertrauensverhältnis in der Betreuung kann nicht auf beliebig viele Köpfe verteilt werden. Hinter diesen Vorstellungen zur ärztlichen Arbeitszeit stehen auch heute noch die unterschiedlichen Auffassungen vom ärztlichen Beruf.  Während vielen der „alten Schule“ diese Frage nicht wichtig ist, weil für sie die Berufung zur ärztlichen Tätigkeit unhinterfragt eine mehr oder weniger vollständige Hingabe verlangt, hat sich das Meinungsbild deutlich verschoben. In diesem wird er als normaler Beruf verstanden, der auch den Anspruch nach individueller Freizeit oder Familie erfüllen soll. Auch hat die Erhaltung einer möglichst langen Leistungsfähigkeit und das Vermeiden gesundheitlicher Beeinträchtigungen in Folge der Bereitschaft zu extrem langen Arbeitszeiten einen hohen Stellenwert für die Beschränkung der Arbeitszeit.

Natürlich kann Engagement innerhalb des ärztlichen Berufs vor allem in Notfallsituationen eingefordert werden. Die Auffassung vom Arztberuf als „Berufung“ kann aber heute nicht mehr das Credo darstellen. Auch wenn viele dazu bereit sind, überhohe zeitliche Bereitschaft mittels einer „opt-out“ Regelung einzugehen, kann nicht verlangt werden, diese, entgegen der ursprünglichen Vereinbarung, ohne Befristung über 2021 hinaus fortzuführen.

In erster Linie widerspricht dies auch den gewandelten Geschlechterverhältnissen. Mehrheitlich Frauen absolvieren nunmehr das Medizinstudium. Einige von ihnen haben bereits Kinder, andere wollen eine Familie gründen. Diesen Frauen und den dazugehörigen Vätern sind die Träger die Antwort, wie neben der klinischen Tätigkeit auch ihre familiären Ansprüche erfüllen werden können, schuldig geblieben. Dies hat bei drohendem Ärztemangel eine gesellschaftliche Dimension: Wenn viele Jungärztinnen und -ärzte nach erfolgreichem Studium und Ausbildungszeit auf eine klinische Tätigkeit verzichten, weil die Arbeitszeiten abschrecken, wird es schwierig, angemessenen Ersatz zu finden.

Die Befürchtungen, die ärztliche Profession erleide Schaden, wenn Altruismus durch feste Arbeitszeiten begrenzt wird, sind unbegründet. Überlange Arbeitszeiten gefährden mit hoher Wahrscheinlichkeit das Therapie Outcome.  Das Ansehen der Profession nimmt Schaden, wenn es nicht gelingt, die Balance zu halten und organisatorische Regelungen zu finden. Genau das ist offenbar der Grund hinter dem Vorhaben der Bundesregierung. Die Spitalsträger haben ihre Aufgabe, ein zeitgemäßes Arbeitszeitmodell zu entwickeln und umzusetzen, bis heute nicht gelöst. Eines, das die Verpflichtung zu Fortbildung und Ausbildung berücksichtigt, das einem fairem Zusammenspiel zwischen Arbeitsorganisation und Personalstrategie entspricht und das ein erhöhtes Schadensrisiko minimiert, indem Informationslücken durch Dienstwechsel mit Hilfe moderner IT-Programme vermeidet.

So aber wird das konfliktreiche Thema Arbeitszeiten für die Krankenhausträger, die damit primär auf Entlastung der finanziellen Budgets schauen, mit dem Fortschreiben der „Opt-out“ Regelung zu Ungunsten eines Drucks endlich bessere Arbeitszeitmodelle entschärft.

Michael Lazansky

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