Fragen an unseren Spitzenkandidaten zur Ärztekammerwahl 2022, Dr. Michael Lazansky
Was ist das Besondere an der Funktion des Ärztekammer-Präsidenten, was macht dieses Amt attraktiv, was kann man aus dieser Position heraus bewegen?
Wir erleben aktuell einen rasanten Wandel der Anforderungen an den ärztlichen Beruf. Die COVID-19-Pandemie zeigte insbesondere die Notwendigkeit dazu auf. Als Kammerpräsident hat man die Möglichkeit Themen klar zu priorisieren. Uns Grünmeds ist es allerdings zusätzlich wichtig, dabei nicht den Blick auf die Menschlichkeit in der Medizin zu verlieren. Priorität sehen wir neben berufspolitischen Themen, in der Digitalisierung der Medizin, Klimaschutz und Prävention als Teil des Gesundheitsschutzes, Solidarität als Grundlage ärztlichen Handelns sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Welches Wahlziel haben Sie sich gesetzt?
An Mandaten zuzulegen um ein konstruktiver Partner in der nächsten Kammerperiode zu bleiben.
Wie geht es der Berufsgruppe im dritten Pandemiejahr?
Die Mehrbelastungen in den Kliniken und Ordinationen auf Grund dem gestiegenen Beratungsbedarf der Patient*innen und damit verlängerten Arbeitszeiten ist auch das erhöhte Infektionsrisiko. Zudem beobachten wir leider, dass impfende Ärzt*innen und das Gesundheitspersonal immer öfter Beleidigungen und Drohungen ausgesetzt ist. Der Aggressionsanstieg ist leider Realität. Wir arbeiten häufig am Limit. „Nur“ ein finanzieller Ausgleich löst nicht unsere Probleme, sondern ist lediglich ein Start. Was langfristig notwendig ist, ist die Anerkennung der gestiegenen Arbeitslast und Komplexität innerhalb der Medizin.
Mit welchen Themen wird sich der Ärztekammer-Präsident in den nächsten Jahren auseinandersetzen müssen?
Es ist notwendig nach der Pandemie mit unermüdlichen Einsatz die Forderung nach Anerkennung und Wertschätzung mit Leben zu erfüllen. Das bedeutet wir müssen Antworten finden zur Weiterentwicklung von Arbeitszeiten, Arbeitsstrukturen, Arbeitskultur und Arbeitsorganisation in den Kliniken und der Niederlassung. Ein wesentlicher Punkt ist, dass eine qualitativ hochwertige Versorgung nur mit einer aufgabengerechten Ausstattung möglich ist. Personaluntergrenzen dürfen nicht mit Mindestpersonalgrenzen gleichgesetzt werden, es bedarf Instrumenten zur Berechnung des Personalbedarfs. Zeit für Aus- und Weiterbildung muss endlich in der Personalplanung mitgeplant werden.
Die Pandemie hat auch in ihrer Berufsgruppe zu Rissen geführt. Andere finden die Kontroversen die beispielsweise um die Impfpflicht auch in der Ärzteschaft geführt werden nicht ganz so dramatisch. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Was uns zu schaffen macht, ist das Gefühl, alleingelassen zu werden. Die Politik hat sich letztlich auf unsere Fähigkeit verlassen vieles zu kompensieren. Die Pandemie zeigte die Defizite in der Kommunikations- und Strategielosigkeit unserer Politiker, die wir ausbaden müssen. Wir sind aber keine Spielfiguren, die beliebig verschoben werden können. Der Riss ist somit in Bezug auf das Vertrauen in die Politik gegeben, die uns zumutet ihre Defizite auszugleichen.
Gesetzt den Fall, sie werden Präsident, wie wollen Sie ihr Amt anlegen. Haben Sie Leuchtturm-Projekte in petto, wie es so schön heißt?
Leuchtturmprojekte sind für uns ein praxisnahes, kompetenzorientiertes Ausbildungscurriculum mit digitalem Logbuch zu schaffen, für den Erhalt des solidarischen Gesundheitssystems einzutreten, an der Zukunft der ärztlichen Arbeitszeit incl. der 32-Stunden-Woche zu arbeiten. Nicht zuletzt wollen wir auch eine klimaneutrale Ärztekammer und fordern die Stadt Wien auf unsere Spitäler klimafit zu sanieren, denn Klimaschutz ist Gesundheitsschutz!
Mit wem können Sie sich ein Wahlbündnis vorstellen und mit welcher Liste nicht?
Wir stehen allen konstruktiven, lösungsorientierten Gruppierungen offen gegenüber. Wir können nicht mitgehen bei Gruppen, die von Offenheit, Demokratie und Freiheit sprechen gleichzeitig aber dogmatische paternalistische Strukturen zeigen.
Wie stehen Sie zu Sidelettern, gibt es solche Nebenabsprachen in der Ärztekammer?
Vereinbarungen zwischen Koalitionspartnern sind üblich, aber ich halte nichts von reinen machtpolitischen Nebenvereinbarung, in denen es nur um Personalabsprachen geht.
Wieviel realpolitische Macht hat der Ärztekammerpräsident?
Die Stärke liegt in der einheitlichen politischen Vertretungsmacht der gesamten Ärzteschaft. Diese Stärke ist dann vor allem einzusetzen, wenn es um Reformen im Gesundheitssystem geht. Denn diese wird maßgeblich durch Ärztinnen und Ärzten gestaltet und nicht von Gesundheitsbürokrat*innen oder einer praxisfernen ökonomisch geprägten Technokratie.
Was bleibt von der Pandemie?
Wir müssen auch die Lehren aus dem Stresstest, den die Pandemie mit sich gebracht hat, ziehen. Wir müssen für allen drei Säulen unseres Gesundheitssystems, der ambulanten, der stationären sowie der präventiven bessere Antworten auf den Bedarf finden. Damit das praxisnah gelingt müssen wir mit der Politik und allen Beteiligten in der Gesundheitsversorgung in einen ständigen Dialog eintreten und nicht immer nur im Nachhinein kommentieren oder kritisieren.
Sehen Sie ein Antreten der MFG zur ÄK-Wahl mit Sorge?
Die Erfahrung zeigt, das Gruppen, die lediglich gegen etwas sind und auf kurzfristige Themen setzten, nicht in der Lage sind ihr Versprechen, etwas zu verändern, einhalten können. Diese Gruppen setzten auf Skandalisierung und Empörung. Dieser Weg führt nur zu Streit und Stillstand. Den können wir nicht wollen.
Die Gesundheitslandschaft verändert sich, wie sehen Sie die Zukunft der niedergelassenen Ärzteschaft (Stichwort: PVE) und der Spitalsärzte (Stichwort: Patientenströme, Bettenmanagement?
Moderne Gesundheitsvorsorge bedingt die Zusammenarbeit in Teams, daher brauchen wir mehr Vernetzung, Digitalisierung und neue innovative Modelle.
Lässt sich eine Kammer-Pflichtmitgliedschaft heute noch rechtfertigen, in Zeiten in denen sich fast keiner mehr dauerhaft an etwas binden will und jederzeit kündigen will?
Wichtig dabei ist was ist die Stärke dieses Konstruktes? Wir sollten nicht leichtfertig auf die Chance die eine gewerkschaftliche, gesundheits- und berufspolitische Interessenvertretung aller Ärztinnen und Ärzte bietet, verzichten. Für mich ist diese die Basis um ernstgenommen zu werden im Streben nach bessere Arbeitsbedingungen, leistungsgerechter Bezahlung und dem Einsatz für eine praxisnahe Ausbildung.
Vielen Dank für das Gespräch!