Kinderpsychiatrie in Österreich

von | 2.06.2021 | GESUNDHEIT

Die österreichische Kinderpsychiatrie – 

Eine Geschichte der mangelnden Ressourcen:

2007 war das Geburtsjahr der österreichischen Kinderpsychiatrie als eigenes Fach. Wir wurden autonom anerkannt, und als Fach, das es geschafft hatte sich zu emanzipieren und nicht verschluckt zu werden, gefeiert. Die Ablösung von anderen medizinischen Fächern gelang – bis dahin waren wir als „Kinder- und Jugendneuropsychiatrie“ als Zusatzfach über den Facharzt für Erwachsenenpsychiatrie, für Neurologie oder für Kinderheilkunde im Rahmen einer 2 jährigen Zusatzausbildung in einem größeren Rahmen eingebunden.

Aber: Psychiatrie und Kinderpsychiatrie sind in Österreich immer noch stigmatisiert, werden gemieden und falls das nicht möglich ist, lieber verschwiegen.

Es gibt alleine schon in der deutschen Sprache viel verbale Aggression und Entwertung gegenüber dem nicht Normativen. Psychische Erkrankungen werden als Beschimpfungen verwendet, und damit Personen, die unter einer psychischen Erkrankung leiden, nur noch weiter stigmatisiert.

Das mag kein Unterschied zu anderen Ländern sein. Was jedoch anders ist, ist, dass wir auch auf europäischer Ebene im Bereich der Versorgung als unterdurchschnittlich zu bewerten sind.

Die Bezeichnung als Mangelfach kommt nicht von ungefähr. Dieser Ausdruck betrifft natürlich primär das medizinische Personal der Fachärzt*innen, lässt sich aber im Grunde auch auf die Ressourcen des pflegerischen Personals oder der Außenstrukturen (beispielsweise der psychotherapeutischen Therapieplätze oder der betreuungsintensiveren therapeutischen Fremdunterbringungen, etc.) umlegen.

Es geht darum, das Stigma zu lösen, nicht darum die Schwere dieses Bereichs und dieser Thematik, die so viele andere Bereiche wie Entwicklung, Familie, Schule, Ausbildung und andere „ kollegiale “medizinische Fächer umschließt zu nehmen. Kinder- und Jugendpsychiatrie beinhaltet automatisch eine gewisse Schwere – schließlich geht es um Kinder und Jugendliche, die, in dem Moment in dem sie über unsere Klinikschwelle gehen oder gebracht werden -freiwillig oder unfreiwillig- auf unterschiedlicher Ebene und auf sehr unterschiedlicher Art und Weise psychisch leiden.

Manchmal leidet auch die Umgebung unter einem bestimmten Verhalten oder Symptomen mehr als die Patient*innen selbst.

Vielleicht zeigt auch kein anderes medizinisches Fach deutlicher die Schere zwischen Arm und Reich.

Familien mit Besserverdiener*innen können sich die so notwendigen zeitdrängenden Interventionen selbst leisten. Unter-18-Jährige aus finanziell benachteiligten Familien bleiben in den Fängen eines Systems hängen, in dem es immer noch an Geld und Ressourcen mangelt. Dazu kommt, dass durch den stetigen Anstieg der zu Versorgenden es noch einen weiter ansteigenden Bedarf an Geld und Ressourcen geben wird.

Die Liste der Wahlärzt*innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind dem Link
praxisplan.at mit der Eingabe der Fachrichtung Kinder- und Jugendpsychiatrie zu entnehmen.

(Marihan Abensperg-Traun)

 

 

 

 

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