„Kinderseelen wachsen wie zarte Pflanzen dem Licht entgegen. Wir können ihnen nicht vorwerfen krumm zu wachsen, wenn wir ihnen Licht nur von einer Seite anbieten.“ (Dirk de Sousa)
Die Pandemie wirkt wie ein „Brennglas“. Probleme, die es vielleicht davor schon gegeben hat, können sich leichter den Weg bahnen und werden augenscheinlicher durch den Wegfall der Schule, der Peer-Group und dem Leistungsdruck (schulisch und /oder innerfamiliär).
Dass Kinder und Jugendliche oft psychisch stärker durch die Einschränkungen des täglichen Lebens in der Pandemie betroffen sind, ist bereits bekannt.
Die Frage ist, wie geht man damit um und wie oder wo kann man für sich selbst oder jemand anderen Hilfe holen?
Leider scheuen sich viele Erwachsene nach wie vor, für sich selbst oder für ihr Kind zeitnahe Unterstützung einzuholen, wenn es um psychische Erkrankungen geht. Gründen dafür sind Scham, Vorurteile, Verdrängung und Ängste. Auch die Angst vor Institutionen, vor Jugendämtern oder den noch immer gerne sogenannten „Irrenanstalten“ tut ihr Übriges.
Natürlich will niemand einerseits abgestempelt, andererseits auch niemand aufgegeben werden.
Es gibt die, die sich selbst aufgegeben haben. Diese sollte man versuchen ins Leben zurückzuholen, eine Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, ihre Autonomiebestrebungen, sofern es diese gibt, fördern oder erarbeiten und ihnen Perspektiven anbieten.
Es ist nicht immer einfach, bei mangelnden Ressourcen Perspektiven zu schaffen. Perspektiven können sich entwickeln, sie brauchen aber Zeit, Geduld und natürlich auch Geld. Es gibt die Grenzen von Personal, wenn vermehrte Einzelbetreuung in Schulen oder Wohngemeinschaften notwendig sind oder werden. Zusätzlich stehen zu wenig kontinuierliche, kostenlose Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien, die therapeutisch mehr brauchen, als es vielleicht von Institutionen vorgesehen ist, zur Verfügung.
Vielleicht ist hier der automatische Verdrängungsmechanismus, der bei vielen bei psychiatrischen Erkrankungen ausgelöst wird, ein Mitgrund für den Mangel an Ressourcen? Niemand der Patient*innen oder Eltern erzählt gerne, wie viele Stunden in ärztlicher Behandlung, Psychotherapie oder monatelangen Familiengesprächen/-therapien für eine Besserung der Symptomatik letztlich notwendig waren.
Deswegen gehen vielleicht die Entscheidungsträger in unserer Gesellschaft davon aus, dass „eh alles passt“ und nur die Fachärzt*innen unzufrieden sind?
Die Pandemie zeigt uns täglich unsere Grenzen. Man wird mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten eher konfrontiert und reflektiert vielleicht sein bisheriges Leben. Worte wie „Isolation“, „Existenzängste“, Sorgen über die eigene körperliche oder seelische Gesundheit oder die von diversen Familienmitgliedern gewinnen vielleicht einen anderen Zusammenhang im grellen Licht der Corona Krise.
Vielleicht sind es Diagnosen wie Depression, Angststörungen, Belastungsstörungen etc., die uns plötzlich näher und bewusster werden?
Möglichkeiten zur Ablenkung sind wenig verfügbar oder sogar verboten und lassen uns vielleicht, weil wir eben mehr auf uns selbst oder unsere Familien zurückgeworfen werden, verletzlicher, angreifbarer oder auch aggressiver und ungebremster werden.
Aber vielleicht eröffnet uns die Pandemie, so furchteinflößend sie mit all ihren tragischen Konsequenzen auch ist und die so viel seelisches, körperliches und wirtschaftliches Leid gebracht hat, eine Art „gesellschaftliches Fenster“.
Ein Fenster, das uns die Möglichkeit zu einem besseren Verständnis, mehr Toleranz und Respekt und einem urteilsfreieren Umgang mit der eigenen Psyche und auch der unserer Mitmenschen und besonders jener von Kindern und Jugendlichen eröffnet.
Ausbau und Schaffung von personellen und therapeutischen Ressourcen erhöhen jedenfalls die Chancen nicht zu chronifizieren.
Bezogen auf das Anfangszitat brauchen Kinder eben zum Wachsen möglichst von allen Seiten Licht, Wärme und Fürsorge!
Kinder- und Jugendpsychiatrische Spitalsambulanzen
in Wien:
Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien
Telefon: 01/ 40 400 301 40
Telefonische Voranmeldung ist erforderlich. Es existiert dort aber auch eine 24-Stunden Akutambulanz für Notfälle.
Diese Ambulanz ist zuständig für die Bezirke 1030, 1040, 1050, 1060, 1070, 1080, 1090, 1160, 1170, 1180, 1210 (ab 13:00h) und 1220.
Ambulanz für Kinder- und Jugenspsychiatrie
des Neurologischen Zentrums Rosenhügel/KH Hietzing
Riedelgasse 5, 1130 Wien
Telefon: 01/ 88 000 339
Auch hier ist eine telefonische Voranmeldung erforderlich. Es existiert daneben auch eine 24-Stunden Akutambulanz für Notfälle.
Diese Ambulanz ist zuständig für die Bezirke 1020, 1100, 1110, 1120, 1130, 1150, 1190, 1200 und 1230.
Ambulanz für Kinder- und Jugandpsychiatrie
des KH Floridsdorf
Brünner Straße 68, 1210 Wien
Telefon: 01/ 277 00 27 08
Von 08:00h bis 13:00h zuständig für den Bezirk 1210.
(Marihan Abensperg-Traun)